2014 jährt sich der Beginn des Ersten Weltkriegs zum hundertsten Mal. Kriege hatten schon vor 1914 immer wieder die Landstriche verwüstet und tausende Menschen in Not und Elend gestürzt. Als Österreich Serbien den Krieg erklärte, schien es nur ein weiterer von vielen Kriegen zu werden, bald abgehakt. Doch was sich in einer unheilvollen Kettenreaktion zu einer immer komplexeren und unübersichtlicheren Abfolge von Mobilisierungen und Kriegserklärungen entwickelte, sollte bald der grausamste und sinnloseste Krieg seit Menschengedenken werden. Im Eindruck dieses unvorstellbaren Gemetzels wurde der Ruf „Nie wieder Krieg“ laut. Hundert Jahre später wissen wir, dass diese Worte ein frommer Wunsch bleiben. Zweiter Weltkrieg, Koreakrieg, Vietnamkrieg, Kalter Krieg, Irakkrieg – die Liste der bewaffneten Auseinandersetzungen seit dem Ersten Weltkrieg ließe sich nahezu endlos fortsetzen. Mit der Zeit hat sich freilich die Rhetorik gewandelt. Heute ist häufig von „Konflikten“ und „Interventionen“ die Rede, oft verbrämt mit angeblichen „humanitären“ Absichten. Doch während vordergründig der Schutz von Menschenleben der „hehren Mission“ ihre Berechtigung zu geben scheint, sind es am Ende immer die Schutzbedürftigen, die am meisten unter den Kriegen zu leiden haben und denen ihre Menschlichkeit auch von jenen genommen wird, die sie zu verteidigen behaupten.
„Unser schrecklich schöner Krieg“ von kWerTheater und Volksbühne Naturns thematisiert die Zwiespältigkeit, mit der wir Heutigen im Alltag den zur Gewohnheit gewordenen „ewigen Kriegen“ begegnen. Zum einen beherrschen wir die korrekte Rhetorik: Krieg ist schrecklich, Krieg ist furchtbar, Krieg sollte es nicht geben. Niemand wird etwas anderes behaupten. Doch all die salbungsvollen Worte von Brüderlichkeit und Ausgleich bleiben Lippenbekenntnisse. Denn es gibt auch die andere Seite des Krieges: Krieg fasziniert in der Zerstörungskraft immer neuer Waffen. Krieg ändert Machtverhältnisse zu Gunsten gewisser Interessensgruppen. Krieg macht reich. Und Krieg sorgt für Einschaltquoten – bis er langweilig wird. Ja: Krieg ist schrecklich. Schrecklich schön. Und deswegen sorgen wir dafür, dass er in der Welt bleibt.
Eine zentrale Rolle im Stück spielt das chilenische Kampflied „El Pueblo Unido“ von Sergio Ortega, das vom amerikanischen Komponisten Frederic Rzewski in einem monumentalen Klavierwerk aufgegriffen wurde. Rzewskis Variationen entlarven den Wunsch nach völkerverbindender Einigkeit im Kampf um eine gemeinsame Sache als Illusion.
Angesprochen sind all jene, die nicht schon wieder mahnende Worte hören wollen, welche sich darin erschöpfen, mit dem erhobenen Zeigefinger auf die Kriege der Welt hinzuweisen. Vielmehr soll der Finger auf uns selbst zeigen, auf unsere Verlogenheit, auf unsere Ahnungslosigkeit, auf unsere Hilflosigkeit. Das Stück soll danach fragen, wie wir leben und weiterleben in einer Zeit, in der das Bachmann-Wort längst Realität geworden ist: Der Krieg wird nicht mehr erklärt, sondern fortgesetzt. Die Antworten könnten uns nicht immer gefallen.
Es spielen:
Andreas Bertoldi als Kriegsgewinnler
Hermann Fliri als Politiker
Martina Gögele als Journalistin
Theo Mair als Experte
Debora Nischler als Helferin
Patrycja Pierchala als Fremde
Florin Pöder als Söldner
Hartmann Raffeiner als Pazifist
Irene Sanmartino als besorgte Bürgerin
Petra Wieser als Mutter
Aufführungen:
Premiere im Theatersaal Naturns: Mittwoch, 10. September 2014
Weitere Aufführungen in Naturns: Samstag, 13. September, Dienstag, 16. September, Mittwoch 17. September
Aufführung im Schulzentrum von Mals: Samstag, 20. September