Die Schiller-Triologie
Die Schiller-Triologie
Ein Mundart-Sketch zum Schillerjahr 2005
Wenn ich Theater mache, und das kommt immer wieder mal vor, schreibe ich auch ganz gerne die Texte selbst. Seit einigen Jahren habe ich auch die Südtiroler Mundart für dramatische Texte entdeckt. Der folgende Sketch wurde von Schauspielern meiner Schülertheatergruppe am Humanistischen Gymnasium in Meran im Rahmen unseres Schiller-Themenabends aufgeführt.
Versammlung des Ausschusses der Niederbergtaler Heimatbühne. Händeschütteln. Der Obmann führt ein.
Obmann:
Jo. Es frait mi, dass mir wieder so zohlreich und vollzählig zommkemmen sein zu inserer haintign Sondersitzung. Wia es wissts, isch des Johr der zwoahundertfuffzigschte Geburtstog vom Schiller, und do mecht a insere Niederbergtoler Heimatbühne ihren Beitrog leischtn. Die Obertrumwalder Laientruppe spielt jo in Wilhelm Tell mitn Hinterrifflschnitter Zenz in der Hauptrolle…
Held:
Jo, wia? Der sell spielt jo susch ollm lai in Andreas Hofer!
Vize:
Jo, demol schun a. Des isch jo an Adaktierung vom Schiller. Stott in der Schweiz spielts holt in Tirol und stottn Gaisler nemmen sie holt an Franzos.
Schreiber:
Bravo. Und wos blaib nor von Stickl ibrig?
Kassier:
Des mitn Epfl. Sell sponsert die Vinschger Obstgenossenschoft.
Obmann:
Jo, jednfolls. Jednfolls hom der Vize und i ins gedenkt, wenn de schun in Tell derspieln, nor mochn mir glai a gonze Triologie.
Komparse:
A wos?
Obmann:
Kennsch di wiederamoll nit aus, gell? A Triologie, sell isch, wenn drei Stickln mitnonder augfiart wern.
Komparse:
Jo, wia, gleichzeitig?
Schreiber:
Na, sell war nor a Triptichon.
Vize:
Iaz tua nit so gscheid und loss in Obmann redn. Iaz derzeil lai, Hons, wos des nor fir a Triologie war.
Obmann:
Jo. Und zwor. Des war nor die Wallenstein-Triologie, semm geats um den Wallenstein, gell, und der…
Komparse:
Wia, in olle drei?
Vize:
Jo, schnallsch es no nit?
Komparse:
I schnall lai, dass wieder mol der Michl die Hauptroll osahnt und i wieder amol der Lopp bin. Daweil hots ghoaßn, dassmer es neggschte Mol a Doppelspitze mochen, obr wenns ollm der gleiche Walschenstein isch, nor…
Schreiber:
Wallenstein.
Komparse:
Jedenfolls isch semm decht kuane Doppelspitze mear. Oder spielt er in Walln und i in Stein?!
Vize:
Jo, iaz, Hias, reg di holt nit a sou auf. Miar kanntn jo a amol an ondere Triologie mochn.
Schreiber:
Jo. Mit drei verschiedene Stickln.
Held:
Sell gang gonz guat. Nor spielmer als erschtes Kannibale und Liebe.
Schreiber:
Des hoaßt Kabale und Liebe.
Held:
A was, sell hoaßt jo gor nix.
Schreiber:
Des hoaßt ober dechtersch sou.
Held:
Kabale? Jo guat. Nor holt. Also, als erschtes spielmer Kabale und Liebe – und i spiel sem in Kabale.
Schreiber:
A geah, du Tschorg…
Kassier:
Loss guat sein.
Held:
…Und nochher spielmer die Braut von Messalina, semm kannt die Innerpichler Hella die Braut spielen, die sell isch gonz a fesche. Und zum Schluss spielmer nou in Erlkönig, und der Hias mocht in König.
Schreiber:
Sell geat nit.
Held:
Brumm?
Schreiber:
Des isch a Ballade.
Held:
Na, sou a brutale Ballade ischs nor a wieder nit, des kennt jo jeder.
Kassier:
Er muant: Des isch a Gedicht.
Held:
Sell tuatn jo nicht. Nor sogger holt es Gedicht auf, der Hias. Ha, Hias, sell war decht eppis?
Schreiber:
Und außerdem isches von Goethe.
Held:
Guat, sell isch jo es gleiche, Schiller, Goethe, semm kennt sich eh kuaner aus.
Komparse:
Und wemmer die Jungfrau von Orliens mochn tatn?
Held:
Mit der Innerpichler Hella.
Schreiber:
Des hoaßt nit Orliens, sondern Orleans. Des spielt in Frankreich. Orliens isch in Amerika.
Held:
Ebm. Und sell isch zemm, bol der Schiller gschriebm hot, jo no gor nit entdeckt gwesn, du Tolm. Amerika!
Vize:
Jo, wos isch nor iaz do mit inserer Triologie?
Held:
I bin ollm dabei.
Kassier:
Des wert obr tuir.
Obmann:
Wia muansch iaz sell?
Kassier:
Jo, wemmer drei Stickln spieln, nor brauchmer dreimol souviele Schauspieler und drei Bühnenbilder und olls dreimol holt. Und wer soll des gach zohln?
Vize:
A was, des isch jo olls kuan Problem. Bühnenbild nemmer holt des von letschtn Johr.
Kassier:
Vom „Fröhlichen Weinkeller“? Obr sell isch jo lai des Wainfassl und es Wirtshaus.
Vize:
Sell tuats schun. Nor spielmer holt Die Räuber, weil semm werd eh ollm lai gsoffn.
Held:
Nana, i spiel kuan Raber. I bin a Heldntenor!
Schreiber:
Nor mochmer in Don Carlos. Der sell isch a Held.
Held:
Ober schun an ordntlicher, gell, nit a sou a tragischer Selbstmörder.
Schreiber:
A was. Do geats um Ideale! Freiheit! Menschenwürde!
„Geben Sie, was Sie uns nahmen, wieder! Lassen Sie großmüthig, wie der Starke, Menschenglück aus Ihrem Füllhorn strömen - Geister reifen in Ihrem Weltgebäude, geben Sie, was Sie uns nahmen, wieder. Werden Sie von Millionen Königen ein König. O, könnte die Beredsamkeit von allen den Tausenden, die dieser großen Stunde theilhaftig sind, auf meinen Lippen schweben, den Strahl, den ich in diesen Augen merke, zur Flamme! zu erheben! Geben Sie die unnatürliche Vergöttrung auf, die uns vernichtet! Werden Sie uns Muster des Ewigen und Wahren! Niemals - niemals besaß ein Sterblicher so viel, so göttlich es zu gebrauchen. Alle Könige Europens huldigen dem spanischen Namen. Gehn Sie Europens Königen voran. Ein Federzug von dieser Hand, und neu erschaffen wird die Erde. Geben Sie Gedankenfreiheit.“
Die anderen haben nix kapiert.
Obmann:
Na, wissts es wos? Miar vergessn des mit der Triologie. Do homer lai a Gschear. Miar spieln “Der Wilderer vom Gamsenjoch” wie vor zwoa Johr. Semm hom die Lait a Fraid, sell verstian olle, unds Bühnebild homer a schun.
Komparse:
Und wos isch nor mitn Schillerjubiläum?
Obmann:
A was. Des versteat jo nor dechtersch kuaner, wenn der Michl sog, er hot a großmütiges Füllhorn oder so eppis, sell isch decht unkaisch. Miar spieln in Wilderer vom Gamsenjoch.
Schreiber:
Und brum spielmer nit „Wo der Wildbach rauscht“? Sell war nämlich a von Schiller.
Kassier:
Sell isch von Schiller?
Schreiber:
Jo. Vom Schiller Martl von Keschtnboch. Obr sell brauchmer jo niamand sogn. Schiller isch Schiller.
Held:
Genau. Schiller isch Schiller. Und die Innerpichler Hella und i, miar spieln es Liebespoor. Und der Hias in Wilddieb.
Komparse:
Jo, bravo.
Obmann:
Seggses, so honnis gearn, wemmer ins dereinign. Schreiber, du schreibsch glai die Aussendung firn Kirchnblattl. Schreibsch: Die Niederbergtaler Heimatbühne…
Schreiber:
…hat sich für das diesjährige Schillerjahr ein besonderes Schmankerl ausgesucht. Mit dem Klassiker „Wo der Wildbach rauscht“ wird dem großen deutschen Dichter Tribut gezollt. Unter der routinierten Regie von Profanter Hans glänzen in den Hauptrollen altbewährte Größen wie Mitterkofler Michl und…
Obmann:
Jo, genau. Des mochsch eh. Guat, nor wars des gwesn fir haint. Ich erkläre die Sitzung hiermit für aufgehebt.
Vize:
Guat. Nor sechmer ins iaz glai olle bon Bruggnwirt, oder?
Kassier:
Olle bon Bruggnwirt. Semm homer no a Runde offn. Und die sell trinkmer nor afn Schiller.
Alle:
Genau! Afn Schiller!
Ende.