Fö – Zernezer Feuer

150 Jahre nach dem verheerenden Brand, der 80 Prozent der Häuser in Zernez zerstörte, versammelt „Fö“ fünf Geschichten, die in poetisch verdichteter Sprache von Verlust und Trauer, aber auch von Resilienz und Zuversicht erzählen. Es ist ein knapp gehaltener Roman, der das Leben in einem Bergdorf schildert, von der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg bis in die Gegenwart. Dazu habe ich einiges an Archivmaterial recherchiert, hauptsächlich aber habe ich mit Dorfbewohnern aller Generationen Gespräche geführt, um einen Eindruck der vergangenen Jahrzehnte zu bekommen.

Recherchematerial und die ausgearbeiteten fünf Geschichten mit handschriftlichen Anmerkungen von Ulrica Guidon, die vorab alle Texte gelesen hat. Klein und unauffällig, aber am wichtigsten rechts in der Mitte mein türkises Notizbüchlein mit den Mitschriften der Interviews, die ich geführt habe

Dem Roman liegen historische Ereignisse zugrunde, in deren Schatten sich die Geschichten entwickeln. Fö, das Feuer, hat seine Spuren hinterlassen:

Die Nona kann den Gestank noch riechen. Die verkohlten Balken, Decken, Kissen, Vorhänge, Betten, Tische, Stühle, der kleine Hausrat eines bescheidenen Lebens, aufgezehrt von den Flammen. Braida weiß nichts davon. Aber eine Furcht vor dem Feuer ist ihr geblieben, eine Angst vor den springenden Funken, die pocht ihr im Blut.

Braida, die Stolze, hütet das Feuer in ihrer Linterna, in der Laterne, und lässt sich nicht beugen von der Schwere der Zeit und von der Last auf ihrer Seele. Ihr Sohn Gion, der Blagueur, will trotz Krieg und Armut hoch hinaus und hinterlässt doch nur einen Funken, la Sbrinzla. Und da ist Ilda mit den Chandailas, die Rückkehrerin mit den Kerzen, die etwas von der Welt da draußen ins Dorf bringt. Oder Duri, der Bauunternehmer, der am liebsten im Chadafö, in der Küche seines Maiensäss, sitzt, bis ihn das Schicksal zum Pfleger seines portugiesischen Arbeiters macht. Und Lorena, die Jüngste – sie wird die Fuschella, die Fackel der Familienbande, in eine unsichere Gegenwart tragen.

„Fö“ erzählt von der Widerstandsfähigkeit der Bewohner des kleinen Engadiner Dorfs und von den Funken, die in den Menschen glühen und sie an eine bessere Zukunft glauben lassen – allen Widrigkeiten zum Trotz.

Fö in der Biblioteca Publica von Zernez

Pressestimmen

Sprachlich ist das Buch ein Meisterwerk.

Fadrina Hofmann, Südostschweiz, 3.4.2023

Ün roman atmosferic. La lingua da Selma Mahlknecht fascinescha per vi da la simplicitá e la reducziun.

Ein atmosphärischer Roman. Die Sprache von Selma Mahlknecht fasziniert aufgrund ihrer Einfachheit und Reduktion.

Esther Krättli, RTR, 8.4.2023

Anlässlich der Gedächtnisfeier 150 Jahre Feuerkatastrophe wird die Autorin von der Gemeinde beauftragt, eine würdige Geschichte zu schreiben. Sie tut es mit Verve […] Wer genau ins Fö hineinhorcht, hört dieses apokalyptische Knistern, wie es in Tourismusdörfern zwischen dem Lärm der Saisonen auftritt.

Helmuth Schönauer, Neue Südtiroler Tageszeitung, 11.4.2023.

Fö tut, was
Literatur am besten kann: Es
beschreibt, wie die Vergangen-
heit in die Gegenwart herein-
ragt, wie sich Lebensgeschich-
ten verbinden, wie wir in einer
neuen Welt mit der alten im
Rücken leben.

Georg Mair, ff, 20.4.2023

Mahlknecht macht fühlbar, was in den fein ausgearbeiteten Figuren schwelt und sticht. Mit ihren Feuergeschichten weckt sie die Neugier auf Zernez, das wie viele Vinschger Dörfer nach einem Dorfbrand neu zu beginnen hatte. Feuer entfaltet Kraft, „Fö“ auch.

Maria Raffeiner, Vinschgerwind 9/23, 4.5.2023

Mahlknechts Erzählansatz konzentriert sich nicht nur auf dieses verhängnisvolle „Fö“ (Feuer) vor 150 Jahren, sondern spannt einen Bogen über fünf Generationen. Von der ‚Nona‘ (Großmutter), die den Brand miterlebt hatte, bis zu jenen, die dieses Trauma unbewusst mit sich tragen – und in ganz neue Konflikte mitnehmen.

Johannes Vötter, ZETT – Die Sonntagszeitung, 7.5.2023

Selma Mahlknecht erzählt in einer reduzierten Sprache, die schwebend leicht daherkommt und gleichzeitig so intim ist, dass sie mit nur wenigen Worten poetische Stimmungsbilder erschafft.

Franziska Meister, WOZ – Die Wochenzeitung, 25.5.2023